Samstag, 14. April 2007

Hans Magnus Enzensberger

Die TITANIC als Metapher für den Weltzustand: "Der Anfang vom Ende ist immer diskret".

Die spRache hat zum 95. Jahrestag des großen Schiffbruchs Hans Magnus Enzensberger aufgeschlagen: "Der Untergang der Titanic. Eine Komödie." ist eines der Hauptwerke Enzensbergers.
Ein episches Gedicht, ein mehrschichtiges Textgefüge, eine Montage. Unter Verwendung von in den Textkorpus eingewobenen Schlagertextzitaten, Speisekartenauszügen und "Drahtnachrichten" erzählt Enzensberger, teils in zynisch-ironischem Ton, vom Untergang des luxuriösen Riesendampfers. In 33 Einzelbildern ("Gesängen": dies eine Referenz an Dantes Göttliche Komödie), wird die Katastrophe bedichtet und bewiesen, dokumentiert und bezweifelt, halluziniert und untersucht - mit allen Einzelheiten, mit der Mannschaft und den Passagieren, den Toten und den Überlebenden, der gesellschaftlichen Hierarchie des Schiffs, seiner Architektur, seinen Salongemälden, dem First-Class-Dinner, den Drahtnachrichten, Zeitangaben, Temperaturen und Geräuschen.
Zwischen die dramatischen, lyrischen und balladesken "Gesänge" treten Texte, die der Handlung sozusagen äußerlich sind, die sie kommentieren: Bildbeschreibungen, polemische Gedichte, erkenntnistheoretische Modelle, Exkurse und Vergleiche.
So schildert Enzensbergers Versepos aus unterschiedlichen Perspektiven die mythenträchtige Schiffskatastrophe des Jahres 1912 als ein Menetekel, als Vorahnung einer großen Zeitenwende, als Sinnbild für den Untergang einer Gesellschaft, deren Devise des Fortschritts und des Erfolges um jeden Preis im Desaster mündet. Die blinde Fortschrittsgläubigkeit als eigentliche Wurzel des Unglücks wird ebenso thematisiert wie die Facetten menschlicher Verhaltensweisen im Angesicht des Todes.

Keine Kommentare: